Tag im Juni
Der Himmel ist weiß-blau. Ausgedehnte Felder aus Zuversicht wechseln sich ab mit dem Gefühl ozeanischer Angst. Ich sitze vor dem PC und meine Gedanken gehen im Kreis. Habe ich mein Leben hindurch zu wenig geliebt? O ich Wurm, ich kleines Kriechtier, das im Zickzack über die Erde kreucht und fleucht! Wodurch kann ich den Zustand der Erlösung erlangen?
Das Heute ist eine Verkettung vor Ereignissen, die sich aufbauen, die zum Höhepunkt gelangen, um schließlich wieder zu verschwinden. Bin ich fähig, das Gute zu halten? An einem Brocken Sinn möchte ich mich festhalten, um durch diese furchtbar sinnentleerten Tage zu treiben wie ein Stück Treibholz im Strom der Zeit.
Durch meinen Organismus schießt das Blut der Gegenwart. Für Augenblicke fühle ich mich auf der Erde heimisch und man könnte glauben, dass im Lebenskampf das Gute obsiegt. Beruhen die Ausdünstungen meines Bewusstseins wieder einmal auf einem Irrtum? Wie gerne wäre ich auf unbändige Weise zur Liebe bereit! Doch die Menschen, mit denen ich das Schicksal teile, sind mir fremd und wie so oft bleibt mir nichts anderes, als den Rückzug anzutreten.
Meine Gedanken kommen zu sich. Ich will das Heute zu fassen bekommen, die Gegenwart aufsaugen als wäre ich ein Schwamm, der sich an der Rinde eines Baums festgesetzt hat. In den meisten Fällen des Lebens ist man nicht in der Lage, etwas auszudrücken, dass es wert wäre, festgehalten zu werden. Der Kampf gegen den Stumpfsinn der sich nacheinander abspulenden zeitlichen Augenblicke wird ausgefochten ohne der Aussicht auf einen nachhaltigen Erfolg. Was bleibt, ist zumeist eine durch nichts auszufüllende Leere, die, wenn man sie zu begreifen versucht, wenn man versucht, sie in das eigene Dasein mitaufzunehmen, einen schalen Nachgeschmack hinterlässt.
Wie kann ich nur in den weiten Ebenen meiner alltäglichen Existenz bestehen, ohne unter die Räder zu kommen? Ich stehe nicht in Kontakt mit der Liebe, ich lebe entfernt vor den wahren Quellen eines gelungenen Lebens.
Wie ist es möglich, in der eigenen existentiellen Mittelmäßigkeit und der alles beherrschenden Ödnis einer sinnlos um sich selbst kreisenden Erde seinen Frieden zu finden?